Der Zustand vor der Wasserversorgung

Die Entstehungsgeschichte der Draxlhamer Wasserleitung.

Ermuntert durch mehrere in der Umgebung entstandene gut funktionierende Hochdruckwasserleitungen einerseits und gedrängt durch die ganz schlechten Wasserverhältnisse im Orte, wo man bisher selbst zum Trinken und Kochen kein anderes als braunes Dachwasser und dazu monatelang oft Wassermangel hatte andererseits, fingen die Bewohner von Draxlham im Jahre 1894 an, auch den Bau einer neuen Hochdruckwasserleitung in die Wege zu leiten. Da eine freie Quelle zu diesem Zwecke nirgends zu haben war, konnte man nichts anderes als entweder mit Osterwarngau oder Schmidham, welche beide Orte sämtliche in Betracht kommenden Quellen zu hölzernen, höchst primitiven Wasserleitungen benützten, gemeinsam eine neue Anlage schaffen.

 

Blick auf Osterwarngau vom Birkenweg
zur Zeit der Gründung der WVO.

Günstiger, wegen der gemeindlichen Zusammengehörigkeit und der Höhenverhältnisse schien die Sache mit Osterwarngau zu gehen. Man wurde deshalb am 25. Juli beim kgl. Bezirksamt Miesbach vorstellig, dass die Osterwarngauer Quellen vom Technischen Bureau gemessen, das Terrain aufgenommen und ein generelles Projekt gefertigt werde. Lange hörte man nichts mehr, deshalb reisten die Anwesenbesitzer Nikolaus Gschwendtner in DraxIham, Anton Höger in Osterwarngau und Johann Eck von Lochham, welch letztere Ortschaft sich auch anzuschließen gedachte, wiederholt nach München zum techn. Bureau. damit die Sache beschleunigt werde. Endlich in den Tagen vom 21. bis 24. Dezember 1894 kam ein Bauführer genannten Instituts hierher, die nötigen Erhebungen zu pflegen und im März 1895 gelangte das technische Gutachten mit generellen Projekt, dessen Abschrift hier beiliegt, an.

Der hieraus ersichtliche Hochdruck schien günstig. die Wassermenge genügend. Nun galt es, sich mit Osterwarngau wegen Wasserabgabe und der Baukosten zu einigen. Es wurden in Osterwarngau verschiedene Versammlungen abgehalten, doch kam es zu keiner Verständigung. Ein kleiner Teil der Osterwarngauer war wohl für den Bau, ein anderer aber direkt dagegen und die Mehrzahl nur dann zu haben, wenn die ganze Leitung für Osterwarngau kostenlos ausgeführt würde. Dazu wollten viele noch für Wasserabgabe entschädigt werden. Die ganzen Baukosten und Entschädigungen aber allein zu übernehmen konnten die kleinen Orte Draxlham und Lochham doch nicht.

Man wandte sich deshalb im Februar 1898 nach Schmidham, welcher Ort schon ein Wasserversorgungsprojekt für Schmidham und Draxlham hatte anfertigen lassen. Die Kosten von der Quelle inkl. Reserve beliefen sich bis zum Ende des Dorfes Schmidham auf annähernd 11.000,- Mark. Schmidham forderte nun, dass Draxlham die Baukosten von der Quellfassung an zu zweidrittel und von Schmidham ab allein übernehme, was den Draxlhamern auch zu viel war, insbesondere auch des geringen Druckes wegen. Die Hydranten in Draxlham hätten höchstens als Wasserzubringer, nicht aber als selbsttätige Feuerspritzen dienen können.

So war es auch nichts, Um nun doch mit Osterwarngau fertig zu werden, griff man zu verschiedenen letzten Mitteln. Man bat den kgl. Bezirksamtmann Riezier in Miesbach. in Osterwarngau noch mal eine Versammlung einzuberufen und selbst als Vermittler zu kommen Diese Versammlung war im April 1898. Herr Bezirksamtmann schilderte die Vorzüge einer guten Wasserleitung überzeugend, stellte evtl. auch Staatszuschuss in Aussicht, jedoch ohne den gewünschten Erfolg. Als Hauptgegner trat der Bauer Johann Nußbaum von Osterwarngau auf, welcher durch sein entschiedenes "Herr Bezirksamtmann, ich mag nicht" noch so viele Leute auf seine Seite brachte, dass die Verhandlung resultatlos verlief.

Nun war guter Rat teuer! Doch fand sich auch noch ein Ausweg. Auf Ansuchen erklärten sich die beiden Anwesenbesitzer Georg Taubenberger und Sebastian Wastian in Osterwarngau, welche gemeinsam einen eigenen Fluss, den sogenannten Pfarrfluss und Wasserleitung besaßen, bereit, diesen zu einer Anlage für Draxlham und Lochham abzutreten unter der Bedingung, dass sie aus der neuen Wasserleitung versorgt und für alle Zeiten an den Unterhaltungskosten befreit würden. Man berief nun den Maschinenbauer Scheur von Hausham, der die Haushamer Leitung gebaut hatte, besichtigte die Quelle und das Terrain und traf Anstalten mit dem Bau dieser Anlage Ernst zu machen. Jetzt endlich wurden auch die anderen Osterwarngauer gefügiger, erkennend, dass wenn diese Leitung unten durchs Dorf geführt wird, das obere Dorf nimmermehr auf so günstige Weise zu einer guten Wasserversorgungsanlage kommen werde. Die Osterwarngauer hielten nun in ihrem Orte. die Draxlhamer und Lochhamer in Lüften Versammlungen, resp. Beratungen ab. Die gefassten Beschlüsse wurden schriftlich übermittelt und nach einigen Hin- und Herschreiben wurde beschlossen. die Leitung zu bauen und zwar noch in diesem Jahre.

Draxlham und Lochham zahlen nach dieser Vereinbarung an Osterwarngau für Fluss- und Wasserrecht und den Bedarf von ca. 10 Minutenliter Wasser 4.000,– Mark und für Mitbenutzung der von Osterwarngau zu erbauenden Hochreserve, Quellfassung und Bohrstrang bis zum Ende des Dorfes 6.000,- M. Falls aber diese Anlagen billiger kommen als hierfür provisorisch veranschlagt 29.000,- M wird verhältnismäßig von diesen 6.000,- M nachgelassen und wenn durch allenfalligen Verkauf der Unterdorfflüsse soviel gelöst würde, dass die Osterwarngauer Wasserschulden bis auf jene. welche der Bieraufschlag amortisiert, getilgt wäre, würde ein etwaiger Mehrerlös zur Herabminderung der Draxlhamer und Lochhamer Wasserschuld überwiesen. Betreffende Protokollabschrift liegt bei.

Auf Einladung fertigte nun die Firma Joss - Söhne & Cie in München unentgeltlich ein detailliertes Projekt mit Plänen und Kostenberechnung, erhielt aber dafür das Vorrecht eingeräumt, dass wenn sie bei der erfolgenden Submission nicht selbst das meiste Angebot haben sollte, noch ein Nachgebot stellen dürfe. Dieser Kostenvoranschlag lautete folgend:

Quellfassung, Hochreservoir und Leitung für Osterwarngau 23.034,- M
Leitung von Osterwarngau bis DraxIham 7.743,- M
und von da bis Lochham 8.207,- M

Auf Grund dieser Pläne und Kostenvoranschläge wurden jetzt fünf bekannte Firmen zur Submission auf die gesamte Leitung eingeladen. Die Submissionseröffnung fand am 18. September statt, wobei die Firma Kramp und Kreuther in München mit einem Meistabgebot von 8 % erschien. Der anwesende Ingenieur der Firma Joss und Söhne machte dazu ein verdrießliches Gesicht, doch machte er von dem ausbedungenem Rechte Gebrauch und behielt den Bau der Leitung mit dem gleichen Abgebot. Es wurde ihm aber auf seine Bitten und Vorstellungen hin vom gewählten Bauausschusse noch für die Fertigung der Pläne und Zeichnungen 250,- M extra bewilligt, so dass sich das Abgebot auf 6,12% reduzierte. Es wurde sofort ein Vertrag abgeschlossen, hiernach hat Herr Joss für die ganze Anlage 36.000,- M zu erhalten, und zwar von Osterwarngau 21.625,- M, von Draxlham 7.270,- M und von Lochham 7.705,- M. Der Bau der Leitung hat sofort zu beginnen und möglichst noch in diesem Jahre fertig zu werden.

Die Zahlung erfolgt zu 3/3 am 1. November 1898, Neujahr 1899 und das letzte Drittel nach Inbetriebsetzung, resp. Fertigstellung. Herr Joss leistet drei Jahre Garantie und stellt 3.000,- M Kaution.

Anfang Oktober 1898 kamen die ersten Arbeiter zum Wasserbaue. Die Arbeit ging bei gutem Wetter ziemlich rasch von Statten und schon am 7. Dezember 1898 war man soweit, dass die Leitung in Draxlham in sämtlichen Häusern zur allgemeinen Befriedigung in Betrieb war. Die Fertigstellung, d.h. das vollständige Einebnen des Rohrgrabens erfolgte erst im Frühjahr 1899. Die Hausleitungen, wofür die Kosten in obigen Ziffern nicht einbegriffen sind, konnte jeder machen lassen, von wem er wollte, wurden größtenteils von Schönauer, Osterwarngau gefertigt, so in allen Häusern DraxIham, bis auf Bernhard.

Um die fälligen Zahlungen einhalten zu können, hat sich der Wasserleitungsbauausschuss an verschiedene Banken gewandt, hätte auch Geld zu 4% Zins und ½% Tilgung erhalten, man hätte jedoch Pfandbriefe, die im Kurse nicht ganz auf 97% standen für voll nehmen müssen, was ja sehr ungünstig schien. Die Ortschaft Draxlham entschloss sich deshalb mit einer Bankgeldaufnahme vorläufig noch zu warten und die nötigen Beträge inzwischen vom Darlehenskassenverein Warngau zu nehmen, obwohl man auch da 4% Zins und ½% Provision zahlen muss.

Mit Lochham war die Vereinbarung getroffen, dass man die Zahlungen nach Osterwarngau gleichheitlich trage, dass genannter Ort vom Absperrschieber in Draxlham auf eigene Kosten weiterbaue und für die Mitbenutzung der Draxlhamer Strecke 800,- M zahle. Hinsichtlich des letzen Punktes sind die Lochhamer aber wortbrüchig geworden, was sie damit motivierten, dass der Absperrschieber im Orte Draxlham sei, dass zwei Hausleitungen noch am Lochhamer Rohrstrange hängen.

Als ob sie das nicht schon vorher gewusst hätten. Man stritt darüber hin und her, – vergeblich, dass man ihnen genug entgegenkomme, indem man sie unentgeltlich durchs ganze Draxlhamer Feld graben lasse und so gaben schließlich die Draxlhamer nach, ließen den Schieber nochmals herausnehmen und um 73 Meter weiter nach Lochham rücken. Die Baukosten für diese Strecke mit 332,- M werden von Draxlham übernommen, während Lochham jetzt 900,- M statt 800,- M zahlt. Die Kosten für das Versetzen des Schiebers trägt der Limmerbauer Ludwig Burgmayer von DraxIham. Folglich stehen die Kosten für die Draxlhamer Leitung nunmehr folgend: 7602,- M Baukosten an die Firma Joss. 2.000,- M an Osterwarngau für Fluss- und Wasserrecht und von der Summe für die Mitbenutzung der Osterwarngauer Anlage, die sich in Folge der niedrigeren Baukosten auf 4.475,- M herabminderte, die Hälfte, d.i. 2.237,50 M.

Diese Summen wurden wie folgt entrichtet: am 3. Januar 1899 an Joss und Söhne zwei Drittel der Baukosten mit 5.082,50 M, Hierin sind 14,50 M für Zins für die im November fällige erste Rate inbegriffen, und am gleichen Tage auch die Summe von 2.237,50 M an Osterwarngau. Ferner am 1. März 1899 an Osterwarngau 2.000,- M für Wasserrecht und am 8. Mai 1899 an Joss & Söhne die letzte Rate mit 2.534,- M.

Weiteres wurde an die Osterwarngauer Grundeigentümer zwischen Osterwarngau und Draxlham für Durchführung der Leitung 39,50 M Entschädigung bezahlt, wovon Lochham die Hälfte rückvergütet hat. Zu diesen Zahlungen wurden vom Darlehenskassenverein Warngau in drei Raten 10.000,- M entnommen, ferner zahlte Mathias Hort, Schuster dahier 1.000,- M als einmalige Abfindung. Dieser, sowie dessen unmittelbarer Nachfolger sind infolge dieser Leistung von der Entrichtung eines Wasserzinses enthoben. Die Ortschaft Lochham zahlte am 3. Januar 1899 für Mitbenutzung der Draxlhamer Leitung 900,- M, somit konnte obige Summe gedeckt werden. Im Januar 1899 wurden von Alois Aman in Ringkam bei Straubing 39 Meter Hanfschläuche mit Normalgewinden angeschafft, kostet inkl. Porto 48,70 M und im Mai 50 Meter Hanfschiäuche und ein Strahlrohr von Joss & Söhne. Letzteres zusammen 76,50 M. Zur Schlauchanschaffung leistete die Gemeinde Warngau einen Zuschuss von 76,30 M. Auch wurde im Jahre 1899 der anfallende Bieraufschlag mitverwendet, wozu man um Bewilligung nachgesucht hatte, aber bisher nicht erhalten habe. Selbst Anfang des Jahres 1900 ist wegen Bieraufschlagverwendung weder begutachtender noch ablehnender Bescheid eingetroffen.

Nachdem nun die Leitung bis Lochham gebaut und in Betrieb war, suchte auch die Ortschaft Thann um die Erlaubnis nach, im Anschluss hieran von Lochham weiterbauen zu dürfen, was auch bewilligt wurde. Diese Ortschaft erhält das nach geschlossenen Hahnensystem nötige Wasser auf Ruf und Widerruf, pro Tag um 60 Pfennig, wovon Osterwarngau 40 Pfennig, Draxlham und Lochham je 10 Pfennig täglich erhalten. Ist aber in Osterwarngau kein Wasserzins mehr zu entrichten, so erhalten Draxlham und Lochham je 12 Pfennig und Osterwarngau 36 Pfennig pro Tag. Die Thanner Wasserleitung wurde von der Firma Gramp und Kreuther in München gebaut und im Mai 1899 in Betrieb genommen.

Außer ein paar Rohrbrüchen (lies Rohrverschiebungen) in Lochham (dieser Schaden war auch bald wieder behoben) ist bis jetzt keine Störung eingetreten.

Der Rohrstrang von Osterwarngau bis Lochham hat 80 mm lichte Weite und liegt 1,60 Meter tief im Boden, Vom Hochreservoir bis zum Ende des Dorfes Osterwarngau sind 100 mm Rohre in dergleichen Tiefe. Die Hochreserve hat zwei Kammern mit je vierzig Kubikmeter Nutzinhalt und eine Schieberkammer, liegt am Nordabhang des Taubengberges unweit des Dorfes Osterwarngau in einer Höhenlage von 35,4 Meter über der Türschwelle des Wirtshauses Osterwarngau, 62,40 Meter über dem Weiher in Draxlham, 70,4 Meter über dem niedersten Hause d. i. Hausschwelle in Lochham. Hieraus ergibt sich eine Wasserspannung in Draxlham von ca. 6 Atmosphären.

Die Leitung, insbesondere auch die Hydranten funktionieren gut, daher sind jetzt auch jene, welche anfangs die ärgsten Gegner waren, wohl zufrieden, namentlich auch, weil die Kosten etwas niedriger blieben als man allgemein annahm.

Möge diese, mit so viel Mühe gebaute Anlage lange Jahre zum Nutzen und Wohle der Ortschaft ungestört fortbestehen, ohne dass die Hydranten zu ihrem eigentlichem Zwecke – der Brandlöschung – verwendet werden müssen, möge sie beitragen der Zusammengehörigkeit und die Wohltaten des friedlichen Zusammenlebens zu fördern, möge sie schließlich den Wohlstand im Orte erhalten helfen und heben.

Dann ist die Absicht derer, die sich soviel um das Zustandekommen derselben bemühten, erfüllt.

Gott gebe dieses.

Niedergeschrieben im Januar 1900 von Nikolaus Gschwendtner, Seiboldbauer von Draxlham.

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